Studien zum Thema "Tragen"
Übersicht:
- Der Einfluß des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter - Dr. Hilal Kavruk
- Beobachtung der Vitalparameter früh- und reifgeborener Kinder während des Tragens in Tragehilfen - Stening, Nitsch, Kribs, Weiß, Fricke, Wassmer, Roth
- Der Einfluß des Tragens auf das Schreiverhalten des Säuglings - Hunziker, Barr
Studien:
1. Der Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter
Dr. Hilal Kavruk Feb. 2010
Zitat ".....Die mittels Chi-Quadrat-Test erbrachten Ergebnisse konnten die Annahme, dass das Tragen von Säuglingen in Tragevorrichtungen zu Haltungsschäden prädisponiert, nicht belegen.
Die Ausbildung von normabweichenden Haltungsvarianten oder Rückenformen sowie Wirbelsäulenpathologien und Halteleistungsinsuffizienzen bleibt vom Tragen in Tragevorrichtungen unabhängig." S.100
Gesamte Studie
1. Beobachtung der Vitalparameter früh- und reifgeborener Kinder während des Tragens in Tragehilfen
W. Stening1, P. Nitsch1, A. Kribs1, R. Weiß1,
L. Fricke2, G. Wassmer3, B. Roth1
|
1) Kinderklinik der Universität zu Köln
2) Psychologisches Institut der Universität zu Köln
3) Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie der Universität zu Köln |
Einleitung und Fragestellung:
In Deutschland gehört das Tragen von Säuglingen in Tragehilfen zu einer alltäglichen Gepflogenheit. In einer Studie wollten wir die Frage klären, ob es während des Tragens im Tragetuch zu einer Veränderung der Vitalparameter verbunden mit einem Anstieg der Häufigkeit von Entsättigungen (SpO2<88% für mind. 10 Sek.) und Bradykardien (Hf<100S/Min. für mind. 10 Sek.) kommt.
Patienten und Methodik:
Es wurden 24 kardiorespiratorisch stabile Frühgeborene (mittleres Geburtsgewicht 1386 g (500-2000g), mittlere SSW 30 Wochen (23-35 W.), mittleres postnatales Alter 47 Tage (16-113 Tage), 15 w, 9 m) und 12 Reifgeborene (mittleres Geburtsgewicht 3411 g (2690-3870g), mittlere Schwangerschaftsalter 40 Wochen (38-42), mittleres postnatales Alter 20 Tage (6-42 Tage), 4 w, 8 m) einem kontinuierlichen Monitoring während des Tragens im Tragetuch (senkrecht sowie waagerecht) und des Aufenthalts im Kinderwagen (liegend, Seitenlage) unterzogen. Jeweils 20-minütige Messungen in den drei Positionen wurden in einem dreifach cross-over Design durchgeführt. Aufgezeichnet wurden Sauerstoffsättigung inklusive Signalqualität sowie Herzfrequenz (Oxycount mini, Fa. Weinmann; Signalqualität mittels splitted-pulse-wave-Algorithmus bestimmt), Thoraximpedanz und Nasenflow (Vitaport System, entwickelt vom Psych. Institut der Univ. Köln). Alle erhobenen physiologischen Daten wurden im Vitaport-System gespeichert. Durch den Untersucher erfolgte die regelmäßige Beurteilung der motorischen Aktivität des Kindes
( 0= schlafend, 1= wach, ruhig, 2= wach, unruhig, 3= schreiend).
Die Auswertung der Daten erfolgte mit Hilfe des Programms SAS.
Ergebnisse:
Sauerstoffsättigung und Desaturationen
|
mittlere Sauerstoff- sättigung in % (Stdabw.) |
niedrigste gemessene Sauerstoff- sättigung in % |
Dauer der längsten Entsättigung (SpO2<88%) in Sek. |
Gesamtzahl an Entsättigungen (SpO2<88%) |
mittlere Signalqualität der SpO2-Messung (Stdabw.) |
Tragetuch senkrecht |
96,3 (1,8) 1) |
83
|
112 |
6 |
8,4 (1,0)
|
Tragetuch waagerecht |
96,1 (2,0) 2) |
84 |
78 |
4 |
8,8 (0,8)
|
Kinderwagen liegend |
97,1 (1,5) |
86 |
54 |
2 |
8,7 (0,9) |
1) p = 0,0045 im Vergleich zur Messung im Kinderwagen
2) p = 0,0060 im Vergleich zur Messung im Kinderwagen
Herzfrequenz, Bradykardien und Aktivität
|
Mittlere Herzfrequenz in S/Min. (Stdabw.) |
niedrigste gemessene Herzfrequenz in S/Min.
|
Dauer der längsten Bradykardie (Hf<100 S/Min) in Sek. |
Gesamtzahl an Bradykardien (Hf<100S/Min.) |
mittlere motorische Aktivität des Kindes |
Tragetuch senkrecht |
140,4 (10,9) |
85 |
22 |
3 |
0,69 |
Tragetuch waagerecht |
139,1 (9,0) |
>100 |
- |
0 |
0,47 1) |
Kinderwagen liegend |
139,5 (11,6) |
>100 |
- |
0 |
1,06 |
1) p= 0,017 im Vergleich zur Messung im Kinderwagen
Untergruppenberechnungen unter Berücksichtigung der Parameter Frühgeburtlichkeit, aktueller Hb-Wert des Kindes, Zustand nach Hirnblutung, Zustand nach therapiebedürftigem Apnoe-Bradykardie-Syndrom, Zustand nach Beatmung, Geburtsgewicht, Tagesgewicht, Lebensalter (korrigiert), Aktivität des Kindes sowie Signalqualität der Sauerstoffsättigungsaufzeichnung ergaben keine signifikanten Unterschiede.
Diskussion:
Während des Tragens im Tragetuch wurden im Mittel niedrigere Sauerstoffsättigungswerte beobachtet als während der Kontrollmessung im Kinderwagen. Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Messungen im Kinderwagen und der senkrechten Trageweise (p=0,0045), und zwischen Kinderwagen und Tragetuch waagerecht (p=0,0006) sind zwar statistisch signifikant; die 95%-Konfidenzintervalle für die mittleren Effekte sind jedoch vollständig im Intervall [ -2%<SpO2<2%] enthalten. Unter der Annahme, daß eine Veränderung der mittleren Sauerstoffsättigung um 2% keine klinische Relevanz hat, konnten wir hiermit zeigen, daß die Sauerstoffsättigung der Kinder während des Tragens im Tragetuch gleich bleibt. Hinsichtlich der Dauer und der Tiefe der Entsättigungen ergab sich kein signifikanter Unterschied. Waagerechte und senkrechte Trageweise unterscheiden sich nicht in ihrer Auswirkung auf die Vitalwerte des Kindes. Somit scheint es selbst durch das aufrechte Tragen zu keiner nennenswerten Behinderung der Oxygenierung zu kommen. Die motorische Aktivität der Kinder war im Kinderwagen signifikant höher als im Tragetuch (waagerecht). Dies bestätigt die herkömmliche subjektive Beobachtung, daß sich Kinder, die getragen werden, ruhiger verhalten. Säuglinge zeigen im Schlaf physiologischerweise niedrigere Sauerstoffsättigungswerte als im Wachzustand. Bedenkt man also, daß sich die untersuchten Kinder im Tragetuch häufiger im Schlaf befanden, so ist die beobachtete Differenz der mittleren Sauerstoffsättigungswerte als noch unwesentlicher zu betrachten.
Schlußfolgerungen:
Während des Tragens im Tragetuch kommt es im Vergleich zur Beförderung im Kinderwagen zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung um etwa 0,8-1%. Bei kardiorespiratorisch stabilen Kindern erachten wir dies nicht als klinisch relevant.
Die restlichen Vitalparameter bleiben unverändert.
Es ergaben sich keine Unterschiede hinsichtlich der Reaktion des Kindes unter Berücksichtigung von Frühgeburtlichkeit oder aktuellem Alter.
Die Reaktion der Kinder war unabhängig von der Trageweise.
Monatsschr Kinderheilk 1999, Suppl. 2:160
Publiziert in der Pediatrics
2. Der Einfluß des Tragens auf das Schreiverhalten des Säuglings
Increased Carrying Reduces Infant Crying: A Randomized Controlled Trial Urs A. Hunziker MD1, Ronald G. Barr MDCM, FRCP(C)
Publiziert in der Pediatrics